Min-Amun ist ein Plättchen-Lege-Spiel, das im Alten Ägypten angesiedelt ist. Von der Komplexität her ist es ein Familienspiel, das ab 10 Jahren empfohlen wird. Ich würde sagen: 10-Jährige sollten schon ein bisschen Erfahrung mit taktisch angehauchten Spielen haben, aber dann ist diese Altersempfehlung okay.
Das erste, was nach der Auslieferung überall moniert wurde, war, dass die Box so viel Luft enthält. Das ist korrekt - die Box bräuchte weder eine so große Grundfläche (das einzige, was die Grundfläche ausnutzt, ist die Spielanleitung, die superdünn und supergroß geraten ist - nicht unbedingt das geschickteste Format), noch müsste sie so dick sein. Doch obwohl ich viel gekaufte Luft immer wieder moniere (ich hab wenig Platz für viele Spiele ...), stört mich hier etwas anderes noch mehr: Es gibt keine Unterteilung in der Box, so dass die Sachen wirklich drin rumfliegen. Da ich meine Boxen auch noch am liebsten hochkant stelle (so kann man sie leichter aus dem Regal nehmen), fällt das Rumfliegen noch mehr ins Gewicht. Sollte Min-Amun auch bei meinen regelmäßigen Mitspielern so gut ankommen wie bei mir, werde ich wohl oder übel demnächst eine Unterteilung dafür basteln müssen ...
Diesen Minuspunkt vorausgeschickt, gefällt mir der Inhalt der Box in Aufmachung und Verarbeitung gut. Das Spielfeld ist in vier Teile unterteilt, die unterschiedlich zusammengesetzt werden können. Wenn man mit weniger als vier Spielern spielt, braucht man nur drei der vier Teile. Die Teile werden dann mit "Pappknochen" aneinander befestigt. Das ist nicht so stabil im Halt, wie wenn man gleich beide Seiten einer Puzzlestanzung in den Spielplanteilen eingeplant hätte, geht aber vermutlich weniger leicht kaputt, wenn die Schachtel mal einen Umzug oder Postversand überstehen muss. Ebenso wie fast alle anderen Teile sind die Spielplanteile aus stabilem Karten.
Einzige Ausnahme sind die Spielertableaus, die aus deutlich dünnerem Material sind. Das finde ich etwas schade, denn sie werden in diesem Spiel mit am stärksten benutzt. Ich bin schon am Überlegen, ob ich sie mir einlaminiere, um sie stabiler zu machen.
Positiv sind aber wieder die "Dominoplättchen" und die Geschäfte, die aus stabilem Karton sind und noch dazu super gestanzt waren, so dass man sie sehr leicht und ohne jede Schäden herauslösen könnte. Etwas fitzeliger wurde es nur bei den Monumenten, die jeweils aus zwei oder drei Pappteilen zusammengesteckt werden müssen, aber auch die haben wir gut rausgekriegt und (wenn auch mit etwas größerer Mühe) sauber zusammenstecken können.
Die Ressourcen, die man während des Spiels erwirtschaftet, sind alle kleine Holzmarker, die ebenfalls sauber verarbeitet und qualitativ hochwertig sind.
Als letztes wäre dann noch der Punkteblock zu nennen, der eigentlich gar nicht notwendig wäre, aber schön die einzelnen Kategorien zeigt, die man am Ende bei der Punktewertung abarbeiten muss. Das macht es, zumindest wenn man das Spiel ein paarmal gespielt hat, sehr übersichtlich und man vergisst nichts. Ich werde mir daher ein Punkteblatt einlaminieren, um es immer zur Verfügung zu haben.
Ein Spiel läuft so ab, dass man als Spieler in jeder Runde einen Domino aus dem persönlichen Vorrat auf den von allen Spielern gemeinsam genutzten Spielplan legt. Dabei muss das Plättchen mit mindestens einer Seite an ein schon ausliegendes Plättchen angrenzen und es muss an mindestens einer Seite mit einem angrenzenden Plättchen in der Ressource übereinstimmen.
Für dieses Auslegen erhält der Spieler Ressourcen, und zwar für jede Übereinstimmung mit angrenzenden Feldern und für jede Überdeckung die entsprechende Ressource. Außerdem wird der Weizenmarker für jedes angrenzende Weizenfeld erhöht (Weizen ist eine besondere Ressource).
Schafft man es, ein Feld komplett einzuschließen, kann man entweder eine Ressource eigener Wahl erhalten oder ein Monument bauen, das bei der Schlusswertung Punkte bringt.
Dieser Teil des Spielzugs ist verpflichtend, anschließend kann der Spieler noch ein Bezirksplättchen für das eigene Spielertableau kaufen, sofern er genügend freie Ressourcen hat (aus dem ersten Teil des Zugs bzw. beim Weizen aus seinem Bestand). Es gibt Bezirke für null, eine oder zwei Ressourcen.
Ebenso ist es freiwillig möglich, die Geschäfte auf dem eigenen Spielertableau mit Waren zu beliefern (noch übrigen Ressourcen aus diesem Spielzug). Diese können entweder weitere Ressourcen geben (die ebenfalls sofort eingesetzt werden müssen) oder Punkte für die Schlusswertung, wobei man häufig bestimmte Kombinationen braucht, manchmal aber auch Punkte für alle Ressourcen dieser Art ergattern kann.
Ressourcen, die weder zum Kauf von Bezirken verwendet noch in die eigenen Geschäfte gesetzt wurden, verfallen am Ende des Zugs. Der persönliche Vorrat von Dominos und der gemeinsame Vorrat an Dominos und Bezirken wird dann wieder aufgefüllt.
Punkte gibt es am Ende für Ressourcen in Geschäften, Statuen (die man ebenfalls über Aktionen in den Geschäften erhält), Monumente und Weizen.
Ich denke, neben der bestmöglichen Platzierung der Dominos auf dem gemeinsamen Spielfeld (die jedoch vor allem eine Frage von Übersicht und Aufmerksamkeit ist) ist die taktische Abwägung zwischen dem Kauf von Bezirken und dem Einsetzen von Ressourcen in den schon vorhandenen Geschäften wesentlich für den Erfolg in diesem Spiel. Ein gewisses Glückselement ist durch das blinde Nachziehen von Plättchen und Bezirken für den gemeinsamen Vorrat durchaus gegeben (diese können halt für den einen Spieler besser geeignet als für den anderen sein), insgesamt dominiert jedoch die Taktik. Und dafür, wie übersichtlich die Regeln und die zur Verfügung stehenden Aktionen sind, gibt es taktisch schon eine Menge zu bedenken bzw. auch einfach auszuprobieren.
Bisher gespielt haben wir zu zweit und zu dritt. Beides hat Spaß gemacht. Zu viert spielt man mit einem etwas größeren Spielfeld (alle vier Teile), so dass das Spielgefühl vermutlich sehr ähnlich mit dem Drei-Spieler-Spiel ist, nur ein bisschen größere Wartezeit einzukalkulieren ist. Zu zweit und zu dritt unterscheidet sich vom Spielgefühl durchaus, weil zu dritt die Konkurrenz um die besten Spots auf dem Plan (für die Dominosteinchen) größer ist.
Für zwei Spieler gibt es noch eine Variante, die wir allerdings noch nicht gespielt haben. Ich denke, die Variante erhöht die Interaktion und Konkurrenz im Spiel, darüber hinaus bringt sie aber keine gravierenden Änderungen.
Mir gefällt das Spiel sehr gut. Man kann durchaus seine eigene Taktik verfolgen, und in die eigenen Bezirke und Geschäfte können die Mitspieler nicht direkt reingrätschen. Wer aber gut im Auge behält, welche Optionen die Mitspieler in den nächsten Zügen offen haben, der kann sie schon ein wenig ärgern und ihnen auf dem gemeinsamen Spielfeld die besten Möglichkeiten durchkreuzen oder ihnen Dominos wegschnappen, die sie gut gebrauchen könnten.
Die Balance von Interaktion, aber auch dem Schutz dessen, was man sich aufbaut, die für gute Euro- und Familienspiele typisch ist, ist hier also gegeben. Wobei ich denke, dass es bei Spielern mit guter Übersicht stärker in Richtung Ärgerspiel tendieren kann (aber noch im Rahmen), weil die Auswirkungen dessen, was auf dem gemeinsamen Spielplan und mit dem gemeinsamen Vorrat passiert, durchaus groß sein können.
Abgesehen von einem kleinen (und ziemlich offensichtlichen) Druckfehler sind uns übrigens bisher keine Fehler oder Lücken im Regelheft aufgefallen.
Unboxing-Video in meinem Youtube-Channel: https://youtu.be/tTQK8JyuwpE